Materialkontraste entstehen, wenn in einem Raum unterschiedliche Materialien aufeinandertreffen und in Beziehung zueinander gesetzt werden – zum Beispiel rau neben glatt, kühl neben warm, matt neben glänzend. Diese Gegenüberstellungen erzeugen visuelle, haptische und emotionale Spannung. Sie sorgen für Tiefe, Charakter und Lebendigkeit im Raum – selbst dann, wenn die Farbpalette zurückhaltend ist.
Materialkontraste sind kein Selbstzweck, sondern ein gestalterisches Mittel. Sie lenken den Blick, rhythmisieren Flächen, strukturieren Zonen und erzählen Geschichten. Dabei geht es nicht um Dominanz einzelner Elemente, sondern um das Wechselspiel, das sich zwischen ihnen entfaltet. Die Qualität liegt in der Ausgewogenheit, in der Balance zwischen Gegensätzen.
In der Arbeit von Gesa Vertes von Sikorszky spielen Materialkontraste eine zentrale Rolle. Sie verwendet sie nicht plakativ, sondern mit großer Sorgfalt. Ihre Räume leben von der leisen Spannung zwischen Oberflächen, Texturen und Temperaturwahrnehmung. Der Kontrast entsteht nicht durch Effekte, sondern durch Substanz.
Der Sinn hinter den Gegensätzen
Materialkontraste erzeugen Aufmerksamkeit – aber sie strukturieren auch. In einem ansonsten reduzierten, ruhigen Raum übernehmen sie die Aufgabe, Unterschiede zu markieren und Übergänge zu gestalten. Statt mit Farben zu arbeiten, nutzt Gesa Vertes die Haptik und Optik von Materialien, um Räume in Zonen zu gliedern, Funktionsbereiche sichtbar zu machen oder Tiefe entstehen zu lassen.
Dabei entstehen keine abrupten Brüche, sondern feine Übergänge. Ein glatter Betonboden trifft auf eine grob gewebte Leinenbank. Eine weiße, matte Putzwand steht neben einem geölten Holzregal. Metall in patinierter Oberfläche rahmt ein Regal aus Nussbaum – alles wirkt wie selbstverständlich, aber niemals monoton.
Die Funktion von Materialkontrasten lässt sich in drei Kategorien gliedern:
- Atmosphärische Wirkung: Kontraste machen Räume lebendig, taktil und visuell anregend.
- Räumliche Struktur: Materialien helfen, Zonen zu differenzieren, ohne Wände zu ziehen.
- Emotionale Resonanz: Bestimmte Kombinationen erzeugen Geborgenheit, Spannung oder Ruhe.
Diese Kategorien greifen ineinander und werden von Gesa Vertes gezielt genutzt, um Räume stimmig zu inszenieren – stets im Einklang mit dem Ort und den Menschen, die ihn bewohnen.
Typische Materialkombinationen
Gesa Vertes von Sikorszky setzt bei ihren Materialkontrasten auf natürlich belassene, ehrliche Werkstoffe. Ihre Kombinationen sind klar, handwerklich präzise und funktional begründet. Die Kontraste entstehen durch Gegensätze in Textur, Temperatur oder Reflexion – nicht durch laute Farben oder spektakuläre Muster.
Beispielhafte Kontraste, die sie häufig verwendet:
- Holz + Metall: warm und lebendig trifft auf kühl und präzise – z. B. Eiche mit schwarz gebeiztem Stahl
- Lehmputz + Glas: rau und erdig trifft auf glatt und reflektierend – ideal für natürliche Tiefe
- Textil + Beton: weich und schallschluckend neben hart und massiv – oft in Sitznischen oder Schlafzimmern
- Naturstein + geöltes Holz: visuelle Schwere kombiniert mit organischer Wärme
- Keramik + Messing: strukturierte Oberfläche neben glänzendem Akzent – als Detail etwa in Küchen oder Bädern
Diese Kombinationen entstehen nie zufällig. Sie sind Teil eines übergeordneten Raumkonzepts, das auf Materialbalance und sensorische Wirkung achtet. Jeder Kontrast ist abgestimmt – auf Licht, Nutzung und Proportion.
Der Raum als taktile Erfahrung
Ein wesentlicher Aspekt von Materialkontrasten ist ihre haptische Wirkung. Unterschiedliche Oberflächen laden zum Berühren ein, sie machen den Raum sinnlich und greifbar. In Zeiten zunehmender Virtualisierung werden solche taktilen Qualitäten immer wichtiger – sie erden, machen den Raum spürbar.
Gesa Vertes integriert diese Qualität gezielt. Ihre Räume wirken nie glatt oder steril, sondern vielschichtig. Die Oberfläche eines Möbelstücks kann zur sensorischen Zone werden. Der Wechsel zwischen Materialien schafft ein Erlebnis – beim Gehen, Sitzen, Berühren. Der Raum wird so nicht nur gesehen, sondern erfahren.
Häufig kombiniert sie dabei:
- Raues mit Glattem – z. B. Putz neben geschliffenem Stein
- Weiches mit Festem – etwa Leinenvorhänge vor Betonwänden
- Kaltes mit Warmem – wie Stahlträger, die auf Holzböden treffen
Diese Kontraste sind dezent, aber wirkungsvoll. Sie tragen dazu bei, dass ein Raum lebendig bleibt – auch dann, wenn er reduziert gestaltet ist.
Planerische Integration
Materialkontraste benötigen eine sorgfältige Planung. Werden sie unüberlegt eingesetzt, wirken sie beliebig oder überinszeniert. Gesa Vertes achtet deshalb darauf, dass Materialwechsel immer einen gestalterischen oder funktionalen Sinn ergeben. Der Kontrast steht nie für sich allein, sondern ergibt sich aus dem Raum.
Ihre Vorgehensweise ist analytisch und intuitiv zugleich:
- Raum- und Lichtanalyse: Welche Flächen stehen im Fokus? Wo trifft Tageslicht?
- Funktionale Zuordnung: Welche Materialien eignen sich für stark genutzte Bereiche?
- Haptische Dramaturgie: Wo soll der Raum weich wirken, wo robust?
- Rhythmus und Wiederholung: Wie oft wird der Kontrast wiederholt – einmalig oder als Thema?
- Materialherkunft und Nachhaltigkeit: Werden natürliche, langlebige Materialien verwendet?
Diese Planung führt zu harmonischen, aber spannungsvollen Räumen. Die Materialien treten miteinander in Beziehung – sie kontrastieren nicht um der Wirkung willen, sondern im Dienste des Raums.
Materialkontraste und Atmosphäre
Die Atmosphäre eines Raums entsteht wesentlich durch das Zusammenspiel der verwendeten Materialien. Ein Raum mit ausschließlich glatten, harten Oberflächen wirkt karg. Ein Raum mit zu vielen weichen, textilen Elementen kann überladen oder diffus wirken. Erst der Kontrast bringt Gleichgewicht.
Gesa Vertes versteht Materialkontraste als Teil ihrer atmosphärischen Raumregie. Die Gegensätze sind präzise gesetzt – oft nur an wenigen Stellen, aber mit starker Wirkung. So entstehen Räume, die gleichzeitig klar und sinnlich, ruhig und lebendig sind. Sie erzählen keine laute Geschichte – aber eine, die bleibt.