Gesa Vertes zeigt, wie kleine öffentliche Räume große Wirkung auf das Miteinander in Städten entfalten können.
Gesa Vertes beleuchtet die Rolle sogenannter Tiny Public Spaces – kleinflächiger, öffentlicher Aufenthaltsorte – für eine sozial orientierte Stadtentwicklung. Diese Mikroräume entstehen auf Verkehrsinseln, Brachen, Restflächen oder zwischen Gebäuden und dienen als Treffpunkte, Ruheorte oder grüne Inseln im urbanen Raum. Ihr Mehrwert liegt nicht in der Größe, sondern in der intelligenten Nutzung und Gestaltung. Tiny Public Spaces fördern Nachbarschaft, Identifikation und Aufenthaltsqualität – gerade dort, wo Platz knapp ist.
Gesa Vertes plädiert für eine neue Wertschätzung des kleinen Maßstabs in der Stadtplanung. Tiny Public Spaces – öffentliche Mikro-Orte im städtischen Gefüge – können entscheidend dazu beitragen, die Lebensqualität in verdichteten Quartieren zu verbessern. Sie entstehen oft aus Restflächen, ehemaligen Parkbuchten oder Brachflächen und verwandeln scheinbar nutzlose Orte in soziale und ökologische Treffpunkte. In einem Gesa Vertes Interview erklärte die Architektin, dass diese kleinen Interventionen oft mehr bewirken als großflächige Planungen: Sie stärken Nachbarschaftsgefühl, fördern soziale Interaktion und bringen Grün zurück in versiegelte Räume. Dabei sind sie kostengünstig, partizipativ gestaltbar und flexibel nutzbar – und werden so zu wirkungsvollen Bausteinen einer inklusiven Stadt.
Was sind Tiny Public Spaces?
Tiny Public Spaces sind kleine, öffentlich zugängliche Aufenthaltsorte in urbanen Räumen. Anders als klassische Plätze, Parks oder Promenaden zeichnen sie sich durch ihre geringe Fläche und oft improvisierten Charakter aus. Es handelt sich um Sitzgelegenheiten am Straßenrand, bepflanzte Verkehrsinseln, schattige Nischen, Mini-Spielplätze oder mobile Module wie Parklets.
Die Idee dahinter: Auch kleinste Orte können Aufenthaltsqualität schaffen, wenn sie bewusst gestaltet und gepflegt werden. Gesa Vertes betont, dass es nicht auf Größe, sondern auf Wirkung ankommt. Tiny Spaces werden als Reaktion auf den zunehmenden Mangel an öffentlichen Freiräumen verstanden – besonders in hochverdichteten Städten, in denen Boden teuer und umkämpft ist.
Im Unterschied zu klassischen Freiräumen sind sie niedrigschwellig nutzbar, schnell umsetzbar und in engem Austausch mit den Bedürfnissen der jeweiligen Nachbarschaft entwickelt. Gerade deshalb gelten sie als wirkungsvolle Instrumente, um Stadt von unten zu gestalten.
Gesa Vertes: Zwischen Kaffeebecher und Gemeinschaftsbank
Ein Tiny Public Space kann ein einzelner Tisch unter einem Baum sein, ein Hochbeet auf einer asphaltierten Fläche oder eine schattige Bank zwischen zwei Mauern. Seine Qualität bemisst sich nicht an technischer Ausstattung, sondern daran, ob Menschen ihn annehmen, sich wohlfühlen und verweilen wollen. Gesa von Vertes hebt hervor, dass viele dieser Mikroräume erst durch Nutzung lebendig werden: Ein improvisierter Treffpunkt zum Plausch, ein Platz für eine Mittagspause oder eine Ecke zum Lesen im Freien.
Besonders spannend sind hybride Nutzungen – etwa wenn aus einer Fahrradabstellfläche ein grüner Pausenort wird oder sich eine Baumscheibe in einen Mini-Garten verwandelt. Dabei entstehen neue Beziehungsebenen zwischen Passanten, Nachbarn und dem Stadtraum. Diese Mikroräume schaffen Orte der Begegnung, der Erholung – und der Aneignung.
Vorteile von Tiny Public Spaces
- Soziale Integration: Fördern Begegnungen, Interaktion und nachbarschaftliche Beziehungen
- Raumökonomie: Nutzen kleinste Flächen effizient und flexibel
- Partizipation: Können gemeinsam mit der Nachbarschaft entwickelt und gepflegt werden
- Niedrige Kosten: Geringe Investition bei hoher Wirkung
- Sofortwirkung: Schnell realisierbar, oft ohne große Eingriffe oder Genehmigungen
- Klimawirksamkeit: Begrünung kühlt und verbessert das Mikroklima
Diese Vorteile machen Tiny Public Spaces besonders attraktiv für Kommunen mit knappen Budgets, dicht bebauten Stadtteilen oder großem Bedarf an wohnortnahen Freiräumen. Gesa Sikorszky Vertes unterstreicht, dass gerade in solchen Kontexten kleine Orte große Veränderungen anstoßen können – vorausgesetzt, sie werden ernst genommen und gepflegt.
Gestaltung im Kleinen – was zählt, ist Atmosphäre
Wie Mikroräume Wirkung entfalten
Tiny Public Spaces leben von Details. Eine bequeme Sitzhöhe, ein schattenspendender Baum, ein geschützter Standort oder eine offene Blickbeziehung zur Straße – all das entscheidet über ihre Nutzung. Anders als große Parks benötigen sie keine aufwendige Planung, sondern Fingerspitzengefühl, Erfahrung und ein gutes Gespür für die Bedürfnisse vor Ort.
Gesa Vertes, geb. Haerder, sieht in diesen Orten eine Rückkehr zur menschlichen Dimension: Statt technischer Machbarkeit zählt hier der unmittelbare Kontakt zum Raum. Es geht um Wärme, Nähe, Nutzbarkeit – und um Respekt vor dem Stadtraum. Materialien, Farben und Möblierung werden auf kleinstem Raum bewusst gewählt, um Aufenthaltsqualität zu erzeugen, ohne überladen zu wirken.
Auch saisonale oder temporäre Nutzungskonzepte spielen eine Rolle: mobile Pflanzkübel, klappbare Sitzmöbel oder leichte Überdachungen ermöglichen flexible Nutzung – je nach Tageszeit, Wetter oder Veranstaltung.
Beteiligung als Erfolgsfaktor
Einer der größten Vorteile von Tiny Public Spaces ist ihre Offenheit für Beteiligung. Anwohnerinnen und Anwohner können direkt in Planung, Pflege und Nutzung eingebunden werden – sei es durch Begrünung, Gestaltungsideen oder Veranstaltungen. Diese Mitwirkung schafft nicht nur Identifikation, sondern auch Verantwortungsgefühl.
Gesa von Vertes betont, dass Orte, die von der Nachbarschaft mitentwickelt wurden, deutlich besser angenommen und gepflegt werden. Dabei geht es nicht um perfekte Gestaltung, sondern um emotionale Bindung. Wer selbst gepflanzt, gebaut oder gestrichen hat, sieht den Raum als „seinen“ Ort – und schützt ihn entsprechend.
Zudem fördert die Beteiligung soziale Integration: Menschen unterschiedlichster Hintergründe und Altersgruppen kommen bei der Gestaltung ins Gespräch. So entstehen ganz nebenbei neue Netzwerke und Formen des Zusammenlebens im Quartier.
Mikroflächen mit Makrowirkung
Obwohl Tiny Public Spaces oft nur wenige Quadratmeter groß sind, können sie stadtweit Wirkung entfalten. Eine Straße mit mehreren Mikro-Orten wird lebendiger, ein ganzer Stadtteil erfährt Aufwertung durch kleine Inseln der Begegnung. Werden sie systematisch geplant, lassen sich sogar Stadtentwicklungsziele wie Klimaanpassung, soziale Teilhabe oder Verkehrsberuhigung damit unterstützen.
Gesa Sikorszky Vertes verweist auf internationale Beispiele: In New York, Kopenhagen oder Paris wurden aus Mini-Interventionen ganze Strategien zur Umverteilung des öffentlichen Raums entwickelt. Auch in Deutschland entstehen immer mehr Initiativen, die mit kreativen Ideen den Raum zurückerobern – oft in Zusammenarbeit mit Stadtverwaltungen, Kultureinrichtungen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Die Herausforderung liegt darin, diese Orte langfristig zu sichern. Denn viele Mikroräume sind temporär oder rechtlich unsicher. Verstetigung, Pflegeverträge oder städtische Förderprogramme können helfen, sie dauerhaft im Stadtbild zu verankern.
Herausforderungen und Handlungsspielräume
So vielversprechend Tiny Public Spaces sind, sie stehen auch vor praktischen Problemen: Genehmigungsverfahren, unklare Zuständigkeiten, fehlende Finanzierung oder Vandalismus. Umso wichtiger ist es, dass Kommunen niedrigschwellige Verfahren schaffen – etwa standardisierte Genehmigungsprozesse oder Fördermittel für zivilgesellschaftliche Initiativen.
Gesa von Vertes plädiert für eine strategische Verankerung der Mikroräume in der Stadtplanung: Tiny Spaces sollten nicht als Ausnahme, sondern als reguläre Freiraumform behandelt werden. Dazu gehört auch, sie in Bebauungsplänen, Nutzungskonzepten oder Verkehrsprojekten mit einzuplanen.
Ein weiterer Handlungsspielraum liegt in der Gestaltung von Schnittstellen: Wenn Tiny Spaces mit Bildungsprojekten, Mobilitätsangeboten oder Klimaanpassungsmaßnahmen kombiniert werden, entstehen Synergien – und nachhaltige Stadtbausteine.
Neue Stadtqualitäten durch kleine Interventionen
Tiny Public Spaces zeigen, dass es keine großen Budgets oder spektakuläre Architektur braucht, um urbanes Leben zu verbessern. Oft reicht ein schattiger Ort zum Verweilen, ein Pflanzkübel mit Sitzmöglichkeit oder eine offene Fläche für Begegnung. Es sind die kleinen, menschlichen Qualitäten, die eine Stadt lebendig und lebenswert machen.
Gesa Vertes sieht in diesen Mikroräumen ein architektonisches Versprechen: Stadt kann zugänglich, anpassbar und gemeinschaftlich sein – wenn sie den Menschen ins Zentrum stellt.