Gesa Vertes erklärt, wie biophile Architektur das Verhältnis zwischen Mensch, Raum und Natur neu denkt.
Gesa Vertes stellt die biophile Architektur als verbindendes Element zwischen gebautem Raum und natürlicher Umwelt vor. Im Mittelpunkt steht das Ziel, Natur nicht nur dekorativ einzubinden, sondern als funktionalen Bestandteil von Gebäuden zu begreifen. Tageslicht, Pflanzen, Wasser und natürliche Materialien beeinflussen nachweislich Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität. Biophiles Bauen eröffnet neue Wege in der Architektur – ästhetisch, ökologisch und sozial.
Gesa Vertes betont, dass die Rückverbindung zur Natur in der Architektur weit mehr als ein Trend ist – sie ist eine Notwendigkeit in einer zunehmend urbanisierten Welt. Biophile Architektur zielt darauf, natürliche Elemente in die Gebäudeplanung zu integrieren, um das menschliche Bedürfnis nach Naturverbundenheit zu erfüllen. Dabei geht es nicht nur um begrünte Fassaden oder Zimmerpflanzen, sondern um ein ganzheitliches Konzept: Raumstruktur, Materialwahl, Lichtführung und Umgebungsgestaltung folgen ökologischen und psychologischen Prinzipien. Gebäude werden dabei nicht isoliert gedacht, sondern im Zusammenspiel mit ihrer Umwelt geplant. Dies führt zu langlebigen, identitätsstiftenden Orten, die menschliche Bedürfnisse ernst nehmen und zugleich ökologische Verantwortung übernehmen.
Was bedeutet biophile Architektur?
Biophile Architektur basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen sich in natürlicher Umgebung wohler, gesünder und leistungsfähiger fühlen. Dieser architektonische Ansatz will nicht nur technisch effizient bauen, sondern Orte schaffen, die mit der Natur in Dialog treten. Das kann durch gezielte Ausblicke ins Grüne, die Integration von Pflanzen, Wasserflächen, Tageslicht oder natürlichen Materialien geschehen.
Zentral ist die Idee, dass Architektur mehr ist als reine Hülle: Sie wird zum Medium, über das Menschen mit ihrer Umwelt verbunden bleiben. Studien zeigen, dass bereits kurze visuelle Reize aus der Natur – etwa Bäume, Wasser oder Tageslicht – messbar Stress senken, Konzentration fördern und die Heilung unterstützen. Biophilie ist dabei nicht bloße Gestaltung, sondern eine tief verankerte menschliche Reaktion.
Gesa von Vertes sieht in dieser Haltung die Chance, eine Baukultur zu schaffen, die den Menschen wieder als fühlendes Wesen in den Mittelpunkt rückt – ohne dabei an funktionaler Klarheit zu verlieren. Biophile Architektur ist dabei keine stilistische Modeerscheinung, sondern ein Planungsansatz, der wissenschaftliche Erkenntnisse mit kulturellem Bewusstsein verknüpft.
Gesa Vertes: Die Natur als aktive Komponente im Bauprozess
In der biophilen Architektur wird Natur nicht nachträglich hinzugefügt, sondern integrativ mitgedacht. Pflanzen übernehmen beispielsweise nicht nur dekorative Aufgaben, sondern verbessern aktiv das Raumklima, regulieren die Luftfeuchtigkeit, binden Feinstaub und kühlen die Umgebungstemperatur. Begrünte Dächer wirken als natürliche Wärmedämmung, während grüne Fassaden das Mikroklima beeinflussen und Energieverbrauch reduzieren.
Auch Wasser spielt eine zentrale Rolle. Ob als offenes Element in Innenhöfen oder als Gestaltungselement in Foyers – Wasser erzeugt akustische, thermische und visuelle Reize, die beruhigend und zugleich aktivierend wirken. Ebenso wichtig sind Materialien: Holz, Lehm oder Naturstein sprechen durch ihre Textur, Farbe und ihren Geruch die Sinne an und tragen zur sinnlichen Qualität eines Raumes bei.
Diese Prinzipien greifen auch in die bauliche Struktur über. Atrien, Dachgärten, begrünte Innenhöfe oder durchlüftete Zwischenräume eröffnen neue räumliche Qualitäten, die weit über technische Standards hinausgehen.
Vorteile der biophilen Architektur
- Gesundheitsfördernd: Senkt Stresslevel, fördert Konzentration und unterstützt Regeneration
- Klimawirksam: Verbessert Luftqualität und reguliert Temperatur auf natürliche Weise
- Sozial stärkend: Fördert Gemeinschaft durch grüne Treffpunkte und Rückzugsorte
- Wirtschaftlich: Höhere Produktivität, geringere Ausfallzeiten, erhöhte Immobilienwerte
- Ästhetisch: Verbindung von Architektur und Natur schafft besondere Raumatmosphären
- Ökologisch: Erhöht Biodiversität und verbessert die Umweltleistung von Gebäuden
Biophile Gestaltung verbessert nicht nur das direkte Nutzererlebnis, sondern schafft auch langfristige Mehrwerte. In Bildungsbauten beispielsweise steigen die Lernerfolge, in Krankenhäusern sinkt die Verweildauer. Auch in der Arbeitswelt wirkt sich ein naturnahes Umfeld positiv auf Motivation und Kreativität aus. Investitionen in biophiles Design amortisieren sich deshalb oft schneller als erwartet – durch höhere Lebensqualität, geringeren Energiebedarf und nachhaltige Standortbindung.
Gestaltung mit natürlichen Prinzipien
Wie Räume durch Licht, Material und Rhythmus wirken
Biophiles Bauen nutzt Prinzipien, die aus der Natur selbst stammen. Dazu gehört das Spiel von Licht und Schatten, das Wechseln von Materialien oder das Prinzip von Übergängen – etwa zwischen Innen- und Außenraum. Tageslicht wird gezielt gelenkt, um unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen, biologische Rhythmen zu unterstützen und Energiekosten zu senken.
Materialwahl ist dabei kein Nebenaspekt: Holz wirkt wärmend, Lehm reguliert das Raumklima, Stein strahlt Ruhe aus. In Verbindung mit Wasser, Pflanzen oder offenen Raumfolgen entstehen Umgebungen, die auf intuitive Weise Orientierung und Sicherheit bieten. Das erhöht nicht nur die Aufenthaltsqualität, sondern beeinflusst auch die Nutzbarkeit positiv.
Gesa Vertes, geb. Haerder, verweist auf die Bedeutung taktiler und olfaktorischer Reize: Gerüche von Naturmaterialien oder die spürbare Oberflächenstruktur fördern die emotionale Verbindung zum Raum. Die Architektur wird so zur sinnlichen Erfahrung – jenseits von reiner Funktionalität oder visueller Wirkung.
Biophilie in Stadt und Quartier
Die Prinzipien biophiler Architektur lassen sich über das einzelne Gebäude hinaus denken – auf Quartiersebene, in der Stadtplanung oder in der Landschaftsgestaltung. Grünflächen, Gemeinschaftsgärten, Dachparks oder begrünte Verkehrsinseln tragen zur ökologischen Qualität städtischer Räume bei. Gleichzeitig fördern sie die soziale Interaktion, die Identifikation mit dem Wohnumfeld und die Resilienz gegenüber Klimafolgen wie Hitze oder Starkregen.
In dichten Stadtgebieten helfen vertikale Gärten, kleine Hoflandschaften oder begrünte Innenräume dabei, Natur erlebbar zu machen. Auch Nachbarschaftsprojekte mit urban gardening oder offene Gewässerflächen steigern die Lebensqualität. Biophilie wird dabei zur Strategie der sozialen Nachhaltigkeit: Räume entstehen, die Menschen nicht nur bewohnen, sondern aktiv mitgestalten und pflegen.
Gesa Sikorszky Vertes macht deutlich, dass solche Konzepte kein Luxus für Neubauten sind, sondern auch in die Umgestaltung des Bestands integriert werden können – mit verhältnismäßig geringem Aufwand und hoher Wirkung.
Herausforderungen und Potenzial
Trotz der vielen Vorteile ist biophile Architektur nicht flächendeckend etabliert. Oft scheitert es an fehlendem Wissen in der Planung, am Kostendruck oder an standardisierten Ausschreibungen, die das Besondere nicht vorsehen. Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass biophiles Bauen langfristig wirtschaftlich ist – und gesellschaftlich notwendig.
Ein weiteres Hindernis liegt in der Baupraxis: Natürliche Materialien erfordern andere Verarbeitung, Pflanzenpflege braucht Expertise, Wasserflächen müssen gewartet werden. Doch Gesa Vertes sieht darin keine Schwäche, sondern die Chance, neue Berufsfelder, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu schaffen. Planungsteams mit Gärtnern, Klimapsychologen oder Umweltpädagogen könnten künftig zum Standard werden.
Gleichzeitig wächst das Interesse an biophiler Gestaltung – auch durch den zunehmenden Wunsch nach Gesundheit, mentaler Balance und nachhaltigem Lebensstil. Biophilie trifft den Nerv der Zeit: Sie verbindet das archaische Bedürfnis nach Natur mit modernen Anforderungen an Effizienz, Flexibilität und Urbanität.
Architektur mit Wurzeln – Räume, die verbinden
Biophile Architektur bringt uns zurück zu einem Verständnis von Raum, das nicht durch Technik, sondern durch Beziehung geprägt ist: Beziehung zur Natur, zum Ort, zu anderen Menschen und zu uns selbst. Sie bietet eine Vision für das Bauen, in der Funktion und Gefühl kein Widerspruch sind. Gesa von Vertes macht deutlich, dass biophiles Design keine Nebensache ist – sondern ein zentrales Werkzeug für eine zukunftsfähige, menschliche Architektur.
Die Natur als Planungsgrundlage zu begreifen, eröffnet neue Perspektiven für das Bauen von morgen. Es entstehen Räume, die nicht nur nachhaltig, sondern auch sinnlich, gesund und lebendig sind. Und genau darin liegt die Vision von Gesa Vertes.